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Was mache ich gerade wirklich?


Komische Frage, oder? Eigentlich wissen wir doch ziemlich genau, was wir so tun... oder doch nicht? Neulich ist mir im Training aufgefallen, dass die Antwort auf diese Frage ziemlich vielschichtig sein kann.

Es ging um das Üben einer Sequenz unserer aktuellen Form. Am Anfang steht natürlich der Ablauf und die technische Sauberkeit im Vordergrund. Je öfter dann die Bewegungen geübt werden, desto mehr kann der Fokus auf die Ausrichtung und Dynamik gelenkt werden. Also fragte ich, was genau der Schüler bei der einen Bewegung beabsichtigt. „Ich wehre einen Fußtritt ab.“ war die Antwort. Da guckte ich den Schüler an und fragte nach: „Wirklich? Kannst du mit genau dieser Technik einen Fußtritt abwehren?“. Ich stellte mich vor den Schüler und sagte ihm, er solle meinen Tritt abwehren mit genau dieser Technik. Wie zu erwarten, unterschied sich die Ausführung, Konzentration und Krafteinsatz seiner Abwehr erheblich von der Variante davor.

Also, was genau hat er nun anders gemacht? In beiden Fällen war es doch die gleiche Abwehr...


"Wo du auch bist, sei ganz dort." -E. Tolle


Solche Beispiele gibt es sehr häufig im Training. Meist wissen alle ganz genau, was sie gerade tun. Nach genauerem Hingucken und Nachfragen kommen aber schnell Mini-Erkenntnisse und die Übungen erreichen das nächste „Level“.

Beispiel: Ich übe eine Form alleine oder vor Publikum. In beiden Fällen mache ich doch das Gleiche, oder? Wieso komme ich dann aber bei der einen Variante aus dem Gleichgewicht, vergesse die nächste Technik und atme viel intensiver? Weil ich eben NICHT das Gleiche mache.


In die Ausführung der Übungen spielen so viele Facetten mit rein, dass es schon fast als Spiegel der eigenen Glaubenssätze, dem gesundheitlichen Zustand und dem aktuellem Befinden anzusehen ist.


Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben: Wenn ich eine Form mache und werde dabei beobachtet, dann kommen eventuell Zweifel und Unsicherheiten hoch, welche sich direkt in der Ausführung zeigen können. So gesehen mache ich dann nicht nur die Form, sondern bin gleichzeitig auch unsicher. Und ein mögliches Aus-Dem-Gleichgewicht-Kommen ist doch dann direkt Ausdruck von dem, was ich gerade wirklich tue (Form + Unsicher sein).

Auf einer anderen Ebene spielen auch in jede einzelne Ausführung meine Gedanken über mich und andere mit rein:

„Kann ich das?“

„Bin ich gut genug?“

„Was denken andere über mich?“

„Kann ich mich durchsetzen?“

„Mag ich mich, so wie ich gerade bin?“

"Früher konnte/mochte ich das überhaupt nicht!"

Usw.

All das zeigt sich ebenso in meinen Bewegungen. Unsere Wahrnehmung von dem, was wir gerade tun ist somit meist recht oberflächlich. Es macht ja auch keinen Sinn, sich permanent tiefsinnige therapeutische Gedanken zu machen. Gleichzeitig ist es aber ein Weg, die eigene Ausrichtung im Blick zu behalten und gegebenenfalls anzupassen.


Vielleicht hilft es, sich das Ganze kurz vereinfacht vorzustellen:

Für jede Bewegung/Tätigkeit habe ich 100% meiner aktuellen Aufmerksamkeit/Energie zur Verfügung. Diese kann ich in verschiedene Gläser aufteilen. Diese könnten folgende Beschriftungen haben:

  • Die Übung an sich

  • Meine Atmung

  • Konzentrationsfähigkeit

  • Einkaufsliste

  • To-Do-Liste des heutigen Tages

  • Auswertung des Gespräches mit dem besten Kumpel

  • Gedanken machen über Bewerbungsgespräch

  • Eigene Glaubenssätze

  • Etc.

Wenn ich nun die Gläser entsprechend auffülle, wird die Ausführung meiner Tätigkeit direkter Ausdruck dieser Verteilung sein.


Am Ende macht jeder seine Übung (auch das alltägliche Tun) immer perfekt. Und zwar perfekt in dem Sinne, dass die Ausführung genau das widerspiegelt, was gerade alles wirklich getan wird. Wie schön, dass es die Meditation gibt, welche in verschiedenen Tempi und Haltungen/Bewegungen genau das möglich macht - zu erfahren, was ich eigentlich mache (und ob das so okay für mich ist).




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